ELTERNZEIT UND ELTERNGELD

Im Jahre 2001 ist der sog. Erziehungsurlaub abgelöst worden durch die die Elternzeit, welche inzwischen in dem am 01.01.2007 in Kraft getretenen Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) geregelt ist. Durch diese Reform sollen Vätern wie Müttern ganz neue Möglichkeiten zur individuellen Lebensgestaltung geboten werden. Unter der Elternzeit versteht man den arbeitsrechtlichen Anspruch der berufstätigen Eltern gegenüber dem Arbeitgeber auf unbezahlte Freistellung von der Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung aus Anlass der Geburt und zum Zwecke der Betreuung des neugeborenen Kindes. Die Elternzeit ist damit aus Sicht des Arbeitsrechtes eine Form des Sonderurlaubs. Folgt man der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum früheren Erziehungsgeld, so ruht das Arbeitsverhältnis während der Dauer der Elternzeit. Dies hat zur Konsequenz, dass die gegenseitigen Hauptleistungspflichten (Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung und zur Zahlung der Vergütung) in dieser Zeit nicht erbracht werden müssen. Ansonsten verändert die Elternzeit den rechtlichen Bestand des Arbeitsverhältnisses nicht.

Um die finanzielle Grundlage der jungen Familie zu sichern und nicht den Anschluss an die berufliche Entwicklung zu versäumen, besteht zunehmend der Wunsch, während der Elternzeit in Teilzeit weiter zu arbeiten. Der Gesetzgeber hat dieses Bedürfnis unterstützt, indem er mit § 15 Abs. 6 BEEG einen gesetzlichen Teilzeitanspruch geschaffen hat, für den nach § 15 Abs. 7 BEEG folgende Voraussetzungen gelten:

a) Der Arbeitgeber muss – unabhängig von der Anzahl der Personen in Berufsbildung – in  der Regel mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigen.

b) Das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers in demselben Betrieb oder Unternehmen muss ohne Unterbrechung schon länger als sechs Monate bestehen.

c) Die regelmäßige Arbeitszeit soll für mindestens drei Monate auf einen Umfang zwischen 15 und 30 Wochenstunden verringert werden.

d) Dem Anspruch dürfen keine dringenden betrieblichen Gründe entgegenstehen.

e) Der Teilzeitanspruch muss dem Arbeitgeber spätestens acht Wochen oder, wenn die Verringerung unmittelbar nach der Geburt des Kindes oder nach der Mutterschutzfrist beginnen soll, sechs Wochen vor Beginn der Tätigkeit schriftlich mitgeteilt.

Wird für die Dauer der Elternzeit eine Teilzeitarbeit beantragt, so ist vom Arbeitnehmer zu beachten, dass er – anders als beim allgemeinen Teilzeitanspruch nach § 8 TzBfG – keinen  Anspruch auf eine bestimmte Arbeitszeitverteilung hat. Versäumt es der Arbeitnehmer, die Inanspruchnahme der Elternzeit in der dargestellten Weise unter eine Bedingung zu stellen, so besteht die Gefahr, dass der Arbeitgeber die Zustimmung zur beantragten Teilzeitarbeit (berechtigterweise) verweigert. In diesem Fall kommt dann die vollständige Freistellung von der Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung zum Tragen, was zur Konsequenz hat, dass sich während der Elternzeit aus dem ruhenden Arbeitsverhältnis keine Einkünfte erzielen lassen. Die Frage, ob ein Arbeitnehmer, der zunächst Elternzeit unter völliger Freistellung von der Arbeit verlangt hat, zu einem späteren Zeitpunkt noch den Anspruch auf Teilzeitarbeit geltend machen kann, war bislang streitig, ist nun aber höchstrichterlich entschieden, und zwar durch das Urteil des Bundesarbeitsgericht vom 19.04.2005 – 9 AZR 233/04. Demzufolge kann der Arbeitnehmer auch bei einer vollständigen Freistellung während der Arbeitszeit die nachträgliche Aufnahme einer Teilzeittätigkeit verlangen.

Anders als die Elternzeit selbst, bedarf die Teilzeitarbeit während der Elternzeit immer der Zustimmung des Arbeitgebers. § 15 Abs. 5 BEEG schreibt vor, dass sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer über den Antrag auf eine Verringerung der Arbeitszeit innerhalb von vier Wochen einigen sollen. Kommt eine solche Einigung nicht zustande und will der Arbeitgeber den Teilzeitantrag ablehnen, so muss er dies innerhalb einer Frist von vier Wochen nach Antragstellung schriftlich und mit einer konkreten Begründung tun. An diese Begründung bleibt der Arbeitgeber in einem späteren Prozess gebunden. Will sich der Antragsteller mit der ablehnenden Entscheidung des Arbeitgebers nicht einverstanden erklären, so muss er Klage beim örtlich zuständigen Arbeitsgericht erheben, um die Zustimmung des Arbeitgebers gemäß § 894 ZPO gerichtlich ersetzen lassen. Hat die Klage Erfolg, so führt dies zu einer rückwirkenden Vertragsänderung. In derartigen arbeitsgerichtlichen Verfahren beruft sich der Arbeitgeber als beklagte Partei meistens – mehr oder weniger pauschal – darauf, dass dem Teilzeitwunsch des Arbeitnehmers angeblich dringende betriebliche Gründe entgegenstehen. Nach der zutreffenden Auffassung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 09.05.2006 – 9 AZR 278/05) handelt es sich dabei um eine so genannte „negative Anspruchsvoraussetzung“, deren tatsächliche Voraussetzungen vom Arbeitgeber darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen sind. In der Praxis wird es dem Arbeitgeber ausgesprochen schwer fallen, dieser Darlegungs- und Beweislast zu genügen, weshalb Betroffene nur ermutigt werden können, gerichtliche Schritte gegen die ablehnende Entscheidung des Arbeitgebers einzuleiten. Da bis zur rechtskräftigen Entscheidung bisweilen Jahre vergehen können, macht es für den betroffenen Arbeitnehmer im Einzelfall Sinn, im Wege einer einstweiligen Verfügung, also in einem Eilverfahren, eine vorläufige Regelung zu erwirken. In der Rechtsprechung wird solchen Anträgen allerdings nur in Ausnahmefällen stattgegeben. Voraussetzung für eine gewisse Erfolgsaussicht ist, dass der Arbeitnehmer detailliert darlegt, dass die unverzügliche (Weiter-) Beschäftigung als Teilzeitkraft zur Abwendung anderenfalls unwiederbringlicher Nachteile unbedingt nötig ist. Der Hinweis auf finanzielle Nöte wird in diesem Zusammenhang als Argument nur insoweit gerichtliche Beachtung finden, wenn sonst noch nicht einmal der Notunterhalt der Familie gewährleistet ist.

Zusätzlich zum allgemeinen Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) genießen Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Geburt, Adoption und / oder Betreuung eines Kindes besonderen Kündigungsschutz:

Die Kündigung einer Schwangeren ist nach § 9 MuSchG während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung unzulässig, wenn der Arbeitgeber von der Schwangerschaft wusste oder sie ihm spätestens zwei Wochen nach der Kündigung     mitgeteilt wird. Nach § 9 Abs. 3 MuSchG ist die Kündigung ausnahmsweise möglich, wenn das zuständige Aufsichtsamt die Kündigung vor deren Ausspruch für zulässig erklärt hat. In der Praxis bleibt seine solche Zulässigkeitserklärung jedoch besonderen Ausnahmefällen vorbehalten.

Nach § 18 BEEG ist es dem Arbeitgeber während der Elternzeit grundsätzlich verboten, eine Kündigung aussprechen. Dies gilt unabhängig von der Dauer der Elternzeit. Der besondere Kündigungsschutz beginnt mit der Anmeldung der Elternzeit durch die Arbeitnehmerin oder den Arbeitnehmer, frühestens jedoch acht Wochen vor deren Beginn. Wechseln sich die Eltern bei der Elternzeit ab, so gilt der besondere Kündigungsschutz nur für den Elternteil, der sich gerade in der Elternzeit befindet. Nehmen die Eltern hingegen für  bestimmte Zeitabschnitte gemeinsam Elternzeit, so gilt in dieser Zeit für beide auch der     besondere Kündigungsschutz. Der Kündigungsschutz nach dem BEEG, welcher mit Ablauf der Elternzeit endet, besteht auch für Arbeitnehmer, die während der Elternzeit bei ihrem bisherigen Arbeitgeber eine Teilzeitbeschäftigung ausüben. Erst nach dem Ende der Elternzeit kann der Arbeitgeber unter Einhaltung der gesetzlichen, einzelvertraglich oder tarifvertraglich festgelegten Kündigungsfrist kündigen. Spricht der Arbeitgeber dennoch während der Elternzeit eine Kündigung aus, ist sie rechtlich unwirksam. Um zu verhindern, dass die Kündigung gemäß § 7 KSchG wirksam wird, muss die Rechtsunwirksamkeit der Kündigung aber innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung durch die Erhebung einer Kündigungsschutzklage vor dem örtlich zuständigen Arbeitsgericht gerichtlich geltend gemacht werden. Unterbleibt eine fristgerechte Klageerhebung, so gilt die Kündigung nachträglich als rechtswirksam. Das Kündigungsverbot gilt ausnahmsweise nicht, wenn die zuständige Aufsichtsbehörde auf Antrag des Arbeitgebers die Kündigung für zulässig erklärt. Eine Kündigung während der Elternzeit kann beispielsweise dann zulässig sein, wenn der Betrieb oder die Abteilung, in welcher der Arbeitnehmer beschäftigt war, endgültig stillgelegt wird oder aber der Arbeitnehmer Straftaten oder anderweitige schwerwiegende Verstöße gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten begangen hat, so dass es für den betroffenen Arbeitgeber unzumutbar ist, das Arbeitsverhältnisses weiter aufrechtzuerhalten. Bevor die Aufsichtsbehörde eine dahingehende Entscheidung trifft, werden der betroffene Arbeitnehmer und der Betriebsrat – soweit vorhanden – zur Stellungnahme aufgefordert. Die Entscheidung wird anschließend schriftlich getroffen und begründet. Gegen die Entscheidung kann Widerspruch eingelegt – und wenn diesem nicht abgeholfen wird – Klage beim örtlich zuständigen Verwaltungsgericht erhoben werden. Bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung können indes Jahre vergehen, weshalb es in der Praxis oft zu beobachten ist, dass sich die Parteien bereits in einem frühen Stadium der rechtlichen Auseinandersetzung vergleichsweise einigen.

Das Elterngeld ersetzt ab dem 01.01.2007 das bisherige Erziehungsgeld und stellt eine Säule der neuen Familienpolitik der Bundesregierung dar. Bei dem neuen Elterngeld handelt es sich um eine Lohnersatzleistung, deren Höhe sich am bisherigen Einkommen des betreuenden Elternteils orientiert. Adoptiveltern können ebenfalls Elterngeld erhalten, denn gemäß § 1 Abs. 3 BEEG hat auch derjenige Anspruch auf Elterngeld, wer mit einem Kind in einem Haushalt lebt, das er mit dem Ziel der Annahme als Kind aufgenommen hat. In diesem Fall kann das Elterngeld ab dem Zeitpunkt der Aufnahme bei der berechtigten Person und längstens bis zur Vollendung des achten Lebensjahres des Kindes bezogen werden. Pflegeeltern gehören nur unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 4 BEEG zu dem Kreis der Anspruchsberechtigten, d.h. die Eltern müssen wegen einer sehr schweren Krankheit, einer Schwerbehinderung oder ihrem Tod nicht in der Lage sein, das Kind zu betreuen. In diesem Fall können Verwandte bis zum dritten Grad und ihre Ehe- oder Lebenspartner Elterngeld beziehen, wenn sie die übrigen Voraussetzungen nach § 1 Abs. 1 BEEG erfüllen. Der Elterngeldantrag kann bereits am Tage der Geburt des Kindes gestellt werden. Aber auch eine spätere Antragstellung ist unschädlich, denn das Elterngeld wird rückwirkend für bis zu drei Monate vor dem Monat der Antragstellung gewährt. Zuständig für die Bearbeitung der Anträge auf Elterngeld sind die hierfür von den jeweiligen Landesregierungen bestimmten Stellen. In Nordrhein-Westfalen sind dies beispielsweise die Versorgungsämter. Diese bereiten die Antragsformulare und die notwendigen Merkblätter für die bei Antragstellung einzureichenden Unterlagen vor. Mit dem Antrag einzureichen sind abhängig – je nach Umständen des Einzelfalls – folgende Unterlagen: Geburtsbescheinigung, Nachweise zum Erwerbseinkommen, Bescheinigung der Krankenkasse über das Mutterschaftsgeld, Bescheinigung über den Arbeitgeberzuschuss zum Mutterschaftsgeld, Arbeitszeitbestätigung durch den Arbeitgeber im Falle der Teilzeitarbeit im Bezugszeitraum bzw. Erklärung über die Arbeitszeit bei selbständiger Arbeit.